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								 Krefeld/Hamminkeln, 6. 
								Janaur 2023 - Eine 
								Gruppe von Experten beleuchtete die Rolle und 
								Zukunft von Milch als Lebensmittel bei einem 
								Hintergrundgespräch von DIALOG MILCH. Ein sich 
								wandelndes Marktumfeld und zum Teil 
								skandalisierende Diskussionen erschweren die 
								gesellschaftliche Einordnung. Milch verdient 
								differenzierte Wertung und Kommunikation als 
								wertvolles Nahrungsmittel, die einen 
								wesentlichen Beitrag zur gesunden Ernährung 
								leistet, so die Runde.
  „Milch wird wegen 
								ihrer vielfältigen physiologischen Vorteile als 
								Lebensmittel, ‚medical food‘ und ‚easy to eat 
								and drink product‘ auch zukünftig unverzichtbar 
								bleiben“, zeigte sich Professor Dr. Gunther 
								Hirschfelder vom Lehrstuhl für Vergleichende 
								Kulturwissenschaft der Universität Regensburg 
								überzeugt. „Sie ist seit 15.000 Jahren als 
								Superfood fest in das menschliche Bewusstsein 
								eingraviert, hat maßgeblich zu Wachstum und 
								Entwicklung des menschlichen Gehirns 
								beigetragen“, erklärte er bei dem 
								Hintergrundgespräch zum Thema „Zwischen 
								Versorgungssicherheit und 
								‚First-world-problems‘: Herausforderungen und 
								Perspektiven für die Milch“.
  Mit dem 
								Wissenschaftsjournalisten, Hochschullehrer und 
								Autor Professor Dr. Jan Grossarth, mit Joachim 
								Hartung vom Ministerium für Landwirtschaft und 
								Verbraucherschutz des Landes NRW und mit 
								Benedikt Langemeyer, Geschäftsführender Vorstand 
								der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW 
								und Milchkuhhalter, diskutierte Prof. 
								Hirschfelder über die gesellschaftliche 
								Wahrnehmung von Tierhaltung, Milchkuhhaltung und 
								Milch als Lebensmittel.
  Ein Dafür 
								oder Dagegen? Der Wunsch, sich klar 
								zu positionieren, sei bei der gesellschaftlichen 
								Auseinandersetzung mit Tierhaltung und Produkten 
								tierischen Ursprungs in der jüngeren 
								Vergangenheit sehr stark gewesen.  „Die 
								Gesellschaft braucht binäre Codes – ein ‚Dafür 
								oder Dagegen‘. Dabei gilt allerdings: je 
								vermeintlich einfacher ein Sachverhalt ist, 
								desto verwirrender ist die dahinter stehende 
								Aussage. Milch steht heute als Metapher für 
								Schuld – eine Schuld, die sich im ökologischen 
								Fußabdruck äußert. Wird dieser – etwa im 
								Vergleich zu Alternativen wie Sojadrinks – aber 
								über die gesamte Kette berechnet, dann steht 
								Milch mit ihren vielfältigen Koppelprodukten und 
								Dienstleistungen viel besser da“, erläuterte 
								Prof. Grossarth.  Eine solche ökologische 
								Bewertung müsse sehr komplexe 
								Wirkungszusammenhänge berücksichtigen.
  
								Konflikt derzeit kaum auflösbar 
								Die in der jüngeren Vergangenheit geführte 
								Diskussion um Lebensmittel sei der Tatsache 
								geschuldet, dass sie in einer wohlhabenden 
								Gesellschaft geführt werde, die vielfach keine 
								existenzielle Bedrohung verspüre. 2022 sei aber 
								mit dem Krieg in 
								der Ukraine eine Trendumkehr erkennbar geworden: 
								Schon heute würden wirtschaftliche Probleme, 
								Angst vor Energiekosten, Inflation und 
								Arbeitslosigkeit zunehmend in den Fokus rücken.
								 „Es ist uns bislang so gut gegangen, dass 
								wir andere Probleme nicht auf dem Schirm 
								hatten“, so Prof. Hirschfelder. Für Joachim 
								Hartung zeigt sich in dieser Diskussion um 
								Lebensmittel ein Konflikt, der kaum auflösbar 
								ist: „Es gilt, trotzdem weiter zu informieren 
								und die Vorteile etwa von Milch klar nach vorne 
								zu stellen. Allerdings müssen wir uns auch 
								darüber im Klaren sein, dass die Grenzen der 
								Ökobilanzierung aus wissenschaftlicher Sicht 
								noch nicht abschließend geklärt und damit 
								angreifbar sind.“  Im Ministerium würden 
								derzeit Projekte angestoßen, um zumindest auf 
								nationaler Ebene eine einheitliche Linie für die 
								Grenzen ei- ner solchen Ökobilanzierung zu 
								bestimmen. 
  Verlässliche 
								Rahmenbedingungen nötig Aktuell 
								fehlen nach Einschätzung von Joachim Hartung in 
								Deutschland die Perspektive und verlässliche 
								Rahmenbedingungen für die Tierhaltung. „Die 
								Politik tut sich schwer. Wenn der 
								wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, 
								Ernährung und Verbraucherschutz eine Reduzierung 
								der Tierhaltung in Deutschland empfiehlt, dann 
								hängen daran vielfältige Fragen, auch mit Blick 
								auf die vor- und nachgelagerten 
								Wirtschaftsbereiche sowie die ländlichen Räume. 
								Einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden, ist 
								eine Herausforderung“, so die Einschätzung von 
								Joachim Hartung.
  Extensivierung 
								der falsche Schritt Den CO 
								2-Fußabdruck bewertet Landwirt Benedikt 
								Langemeyer allerdings als gute Basis für den 
								gesellschaftlichen Diskurs.  „Der Umgang 
								damit schafft Bewusstsein und ermöglicht so auch 
								gezielte Änderungen der Praxis auf den 
								Betrieben. Wir müssen aber auch berücksichtigen, 
								dass in der Konsequenz der gesellschaftlichen 
								Diskussion und der hier getroffenen politischen 
								Maßnahmen die Produktivität auf unseren Flächen 
								abnimmt. Und das ist angesichts der globalen 
								Bedingungen und Anforderungen – Stichwort 
								Bevölkerungswachstum – die falsche Reaktion. Im 
								globalen Maßstab produzieren wir mit einem 
								kleineren ökologischen Fußabdruck. Wir 
								sollten deshalb hier nicht weniger, sondern 
								weiter immer besser produzieren“, forderte 
								Langemeyer.
  Blick nach vorne 
								Die Gesprächsrunde zeigte, dass die aktuelle 
								Diskussion um Tierhaltung und Milch eher zu 
								„Aufregungsschäden“ führe. Der Versuch, globale 
								Krisen regional zu lösen, sei zum Scheitern 
								verurteilt. Nicht die Landwirtschaft oder die 
								Milch seien „schuld“, sondern die 
								„Erdverschlechterungsprobleme“, die sich in 
								zunehmendem Druck auf die natürlichen Ressourcen 
								und unter anderem auch in dem weiteren 
								Bevölkerungswachstum zeigten. 
  Auch 
								müssten in der gesellschaftlichen Diskussion die
								Relationen wieder geradegerückt 
								werden:  Beispielsweise stünden den CO 
								2-Emissionen der gesamten hessischen 
								Landwirtschaft in Höhe von 2–3 Mio. t CO 2 pro 
								Jahr schon 13 Mio. t CO 2 gegenüber, die 
								allein vom Frankfurter Flughafen pro Jahr 
								emittiert würden.
  Auch mit Blick auf 
								vegetarische oder vegane Alternativprodukte 
								äußerten Teilnehmer der Gesprächsrunde Kritik.
								 Alternative Proteinquellen hätten – neben 
								den Milchprodukten – zwar durchaus ihren Platz 
								in der menschlichen Ernährung, man müsse aber 
								berücksichtigen, dass sie vielfach 
								hochkalorisch, hochverarbeitet und sehr 
								salzreich seien. Auch vor diesem Hintergrund 
								verdiene die Milch, nicht in die Ecke gedrängt, 
								sondern mit ihren vielfältigen positiven 
								Wirkungen und Koppelpro- dukten sehr viel 
								offensiver und positiver dargestellt zu werden.
								 „Milch wird in Deutschland auch in 20 Jahren 
								ein fester Bestandteil der Ernährung sein“, so 
								die einhellige Überzeugung der 
								Gesprächsteilnehmer.
 
  
								
 
 
 
 
 
    
								
								  
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