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Großtierrettungstraining am 30. August bei der Feuerwehr Hamminkeln

Hamminkeln, 25. August 2025 - Am Samstag dieser Woche (30. August) findet für die Einsatzkräfte der Feuerwehr Hamminkeln ein Training der technischen Großtierrettung statt.
 
Einsätze, bei denen Pferde, Rinder oder andere Großtiere aus Notlagen befreit werden müssen, stellen besondere Anforderungen an die Einsatzkräfte und andere am Einsatz Beteiligte – die Zahl der Einsätze nimmt zu. Deshalb haben sich die Verantwortlichen der Feuerwehr Hamminkeln entschieden, ihren Einsatzkräften einen Ausbildungstag zum Thema „Technische Großtierrettung“ zu ermöglichen. Ziel ist die sichere und tierschonende Rettung von Pferden, Rindern, Eseln und anderen großen Tieren.

Das ganztägige Training besteht aus einem theoretischen und ausführlichen Praxisteil, bei dem realistische Einsatzszenarien nachgestellt werden. Geübt wird an einem lebensgroßen professionellen Rettungsdummy (Pferd) unter Einsatz der Spezial-Rettungswerkzeuge und eines Krans.



Technische Großtierrettung – sicher und tierschonend retten
Neben den zahlreichen Einsatzaufgaben heißt es in den Leitstellen von Feuerwehren häufig auch: Einsatz Tierrettung. Nicht immer ist es dann die sprichwörtliche Katze auf dem Baum, für die Einsatzkräfte der Feuerwehren ausrücken. Die Zahl der Einsätze, an denen große Tiere wie Pferde, Rinder, Lamas oder Esel etc. beteiligt sind, steigt seit Jahren. „Mein Pferd ist in einen Graben gerutscht und schafft es nicht mehr allein heraus. Ein PKW mit Pferdeanhänger ist in einen Verkehrsunfall verwickelt. Ein Rind ist in die Güllegrube gefallen.“ So klingen die Meldungen, die bei den Einsatzzentralen eingehen. Gefordert sind in einem solchen Fall nicht nur die Rettungsorganisationen. Auch immer mehr landwirtschaftliche Betriebe, Tierparks und Veterinärmediziner erkennen die Notwendigkeit, auf derartige Situationen gut vorbereitet zu sein. Denn Fakt ist: Die Zahl der Rettungseinsätze für große Tiere, die in eine Notlage geraten sind, nimmt seit Jahren zu.
 
Nicht nur Menschen geraten in Situationen, in denen professionelle Hilfe benötigt wird. Das passiert auch Tieren. Um bestmöglich für einen tierischen Rettungseinsatz vorbereitet zu
sein, findet am 30. August für 20 Einsatzkräfte der Feuerwehren aus Hamminkeln und Schermbeck  sowie als Bonusteilnehmer einen Tierarzt aus Hamminkeln ein Großtierrettungstraining statt.
 
Mit der ganztägigen Ausbildung „Technische Großtierrettung – Menschen schützen, Tiere schonen, Werte erhalten“ werden die Retter auf die besonderen Gefahren und Herausforderungen an Einsatzorten mit großen Tieren vorbereitet. Ziel des Trainings ist eine sichere und tierschonende Rettung.
 
Bis vor einigen Jahren – und leider erlebt man es auch heute noch – wurde in solchen Fällen improvisiert. Oft blieb dabei die Sicherheit der Einsatzkräfte auf der Strecke, das Wohlergehen der Tiere fast immer. Hier hat sich glücklicherweise viel geändert. Immer mehr Menschen und Organisationen entwickeln ein Bewusstsein für die speziellen Gefahren und Herausforderungen von Großtierrettungseinsätzen und entscheiden sich für ein Training der technischen Großtierrettung, um in diesen anspruchsvollen Einsatzsituationen sicher und tierschonend agieren zu können. So auch die Verantwortlichen der teilnehmenden Feuerwehren.
 
Lernen und üben für sichere und tierschonende Großtierrettungseinsätze
Einen ganzen Tag nehmen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Trainings für das Thema. Der Trainingstag beginnt mit einem Seminarteil, bei dem die angehenden Großtierretter wichtiges Grundlagenwissen erhalten. Neben der ganzheitlichen Analyse der Einsatzsituation geht es um die richtige Einschätzung des Verhaltens von Menschen und Tieren unter Stress. Das Tier ist ein Lebewesen, das anders wahrnimmt als wir Menschen, das besonders unter Stress unvorhersehbar reagieren kann. Hier muss man gewappnet sein, sich als Retter wirkungsvoll schützen und im Team effizient agieren. Ein weiteres wichtiges Thema des Seminarteils ist das konsequent auf Sicherheit setzende Personenmanagement. Das bezieht sich nicht nur auf die Einsatzkräfte und Veterinärmediziner, sondern auch auf andere am Einsatzort anwesende Personen wie die Tierbesitzer oder zufällig anwesende Personen. Denn nicht wenige Menschen setzen bei dem Versuch, einem in Not geratenen Tier zu helfen, bereitwillig und ohne Überlegung ihre eigene Gesundheit und Sicherheit aufs Spiel. Auch Anwendung geeigneter Einsatzstrategien sowie sichere und tierschonende Vorgehensweisen werden thematisiert: Die technische Großtierrettung hat viele Facetten.
Der Bezug zur Praxis wird in diesem ersten Seminarteil des Trainingstages anschaulich anhand mehrerer, teils haarsträubender Einsatzvideos aus aller Welt hergestellt.
 
Einsatzübungen mit lebensgroßem Rettungsdummy “Sam“
Nach gut zwei Stunden zur Vermittlung von Grundlagenwissen gehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Trainings ins Gelände, um das Erlernte am Beispiel verschiedener Einsatzszenarien praktisch anzuwenden und zu üben.  
Hierfür hatte der Trainer Lutz Hauch um ein Gelände gebeten, das für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer echte Herausforderungen bereithält. „Ideal sind Hänge und Gräben, Wasserläufe, Morast, Unterholz oder auch dichter Baumbestand“, weiß Großtierrettungstrainer Hauch aus Erfahrung. „Es ist kaum zu glauben, in welch haarsträubende Situationen sich Tiere immer wieder bringen. Schwierigste Gelände sind im Einsatz eher die Regel als die Ausnahme. Wir führen die Übungen so authentisch wie möglich durch. Man kann die Stellung des Tieres und den Ort, wo es liegt, nicht beeinflussen. Mit vielseitigen Übungen sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf alles vorbereitet.“
 
Bevor es zur ersten Übung im Gelände am Kahlenberg im Stadtteil Dingden geht, legen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre PSA, die persönliche Schutzausrüstung an, die auch im Einsatz unbedingte Pflicht ist. Dann wird der lebensgroße Rettungsdummy des Trainers entladen - ein unverzichtbares Lehrmittel für realitätsnahe Übungsszenarien. „Sam“ ist ein professioneller Pferdedummy, wiegt circa 200 kg und hat bewegliche Gelenke wie das lebendige Vorbild. Sein großer Vorteil: Er lässt alle Übungen und auch Fehler, die beim Training natürlich gemacht werden dürfen, geduldig über sich ergehen.
 
Training mit dem einzigen Anbieter qualitätszertifizierter Großtierrettungstrainings in Deutschland
Bis in den späten Nachmittag hinein simulieren die Trainingsteilnehmerinnen und -teilnehmer mit Sam verschiedenste Notlagen, wie sie im echten Einsatz vorkommen können: Es gilt das Pferd behutsam aus misslichen Lagen wie Gräben oder verunfallten Anhängern zu befreien – eine Herausforderung, die Geschicklichkeit und Teamarbeit erfordert. Die Teilnehmer lernen unter Anleitung des Trainers und mit dem Dummypferd, wie eine sichere und tierschonende Großtierrettung ablaufen sollte. Dabei kommen auch die Spezialwerkzeuge zum Einsatz. Die Werkzeuge sind internationaler Standard und wurden für die technische Großtierrettung entwickelt. Sie sind geeignet, Tiere schonend und schmerzfrei zu befreien, ohne dass die Rettungskräfte dem Tier zu nahekommen müssen.
Alle Einsatzszenarien werden so realistisch wie möglich nachgestellt, um die Einsatzkräfte und Veterinärmediziner auf den Ernstfall vorzubereiten: Damit sich Retter nicht in Gefahr bringen und Tierbesitzer auf professionelle Hilfe setzen können. 

Bis vor wenigen Jahren gab es in Deutschland – anders als in anderen Ländern - keine qualifizierte Ausbildung zur Vorbereitung auf Großtierrettungseinsätze.
2016 Lutz Hauch, Berufsfeuerwehrmann a.D. und Pferdetrainer lernt die in England entwickelte Technische Großtierrettung kennen, entwickelte ein auf die Feuerwehren in Deutschland abgestimmtes Ausbildungskonzept. Er gründet ComCavalo Technische Großtierrettung, beginnt, das Thema in Deutschland bekannt zu machen und trainiert die ersten Feuerwehren in Deutschland.
2019 Michael Böhler beginnt seine Ausbildung zum Autorisierten Trainer von ComCavalo Technische Großtierrettung. Er bringt viele Jahre Feuerwehrerfahrung mit und ist vertraut mit Pferden.
2021 Das Ausbildungskonzept von ComCavalo wird qualitätszertifiziert zertifiziert nach Din ISO 9001. Alle Trainer von ComCavalo arbeiten nach diesem Ausbildungskonzept.
2021 Das Fachbuch „Technische Großtierrettung“ von Lutz Hauch erscheint. Es ist das einzige deutschsprachige Standardwerk zur technischen Großtierrettung.
2021  Michael Böhler beginnt nach Abschluss seiner Ausbildung, Rettungsorganisationen in Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zu trainieren.
2024 Nora Hoffmann, engagierte Gruppenleiterin bei der Feuerwehr an ihrem Wohnort, Pferdebesitzerin und leidenschaftliche Reiterin beginnt die Ausbildung zur Autorisierten Trainerin bei ComCavalo.
2025  Nach Abschluss des intensiven Ausbildungsprogramms trainiert Nora Hoffman Rettungsorganisationen in ihrem Heimat-Bundesland Sachsen-Anhalt sowie in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.
2025 Thomas Sittinger beginnt seine Ausbildung zum Autorisierten Trainer. Nach dem Abschluss trainiert er Rettungsorganisationen in Bayern und Baden-Württemberg.
2025  Lutz Hauch bekommt die Auszeichnung „wehorse Courage Award“ für besondere Verdienste im Pferdesport und Tierschutz. Er zeichnet Menschen aus, die sich in besonderer Weise für das Wohl der Pferde einsetzen.
 
In Deutschland verfügen bis heute circa 600 Rettungsorganisationen über trainierte Einsatzkräfte in Mannschaftsstärke. Ca. 4.500 Personen haben an der Ausbildung der technischen Großtierrettung teilgenommen.